Hip-Hop und Recht – Bundesverfassungsgericht vs. Bundesgerichtshof – Thema: Sampling

Denkt man an die Justiz und deren Bezug zu Hip Hop denkt man häufig an die berühmt berüchtigten Gangster Rapper und ihre Vergangenheit. Nun ist die Rechtsprechung um ein weiteres Urteil reicher, welches sich mit deutschem Hip Hop beschäftigt. Dieses Mal geht es aber nicht um die üblichen Klisches, sondern um einen jahrelang schwelenden Rechtsstreit – in welchem sich um zwei Sekunden gestritten wird.

Für die Erstellung von Hip Hop Instrumentals ist es absolut üblich, sich bei anderen Kunstwerken „zu bedienen“ und dabei kurze Musikstücke aus fremden Songs zu übernehmen (sog. Sampling). Dabei wird eine kurze Sequenz aus dem fremden Lied kopiert und in das eigene Musikstück übernommen. So hat es auch der Rapper und Produzent Moses Pelham im Jahr 1997 getan. Bei der Produktion eines Musikstückes für die Sängerin Sabrina Setlur bediente sich Moses Pelham bei der Band Kraftwerk, welche im Jahr 1977 den Song „Metall auf Metall“ veröffentlichte. Aus diesem Werk kopierte der Produzent Moses Pelham eine zweisekündige Sequenz und ließ diese als Loop (forlaufende Wiederholung der Sequenz) laufen.

Die Mitglieder der Band Kraftwerk klagten auf Unterlassung und Schadensersatz, weil Pelham sich für die Verwendung der Sequenz keine Erlaubnis einholte. Die Band berief sich in dem Rechtsstreit auf ihr Recht am geistigen Eigentum, während Pelham die Kunstfreiheit (Art. 5 Grundgesetz), in Gefahr sieht. Im letzten Urteil aus dem Jahr 2012 wurde vom Bundesgerichtshof entscheiden, dass der Song nicht mehr vertrieben werden darf. Gegen dieses Urteil legte der Produzent Moses Pelham die streitgegenständliche Verfassungbeschwerde ein, welcher sich noch weitere Künstler anschlossen.

Die Verfassungsbeschwerde war erfolgreich und so muss der Fall neu entscheiden werden. Aus Sicht der Verfassungsrichter wurde die Kunstfreiheit im Urteil des Bundesgerichtshofes nur unzureichend berücksichtigt. Aus der Kürze der verwendeten Sequenz ist aus Sicht der Richter ein neues und eigenständiges Kunstwerk entstanden. Die Band Kraftwerk bzw. deren Mitglieder hätten durch die Verwendung dieser kurzen Sequenz keinen wirtschaftlichen Schaden erlitten. Die Richter des Bundesverfassungsgerichts führen aus (Urt. v. 31.05.2016, Az. 1 BvR 1585/13 – Rn. 97):

*„Wenn der Musikschaffende, der unter Einsatz von Samples ein neues Werk schaffen will, nicht völlig auf die Einbeziehung des Sample in das neue Musikstück verzichten will, stellt ihn die enge Auslegung der freien Benutzung durch den Bundesgerichtshof vor die Alternative, sich entweder um eine Samplelizenzierung durch den Tonträgerhersteller zu bemühen oder das Sample selbst nachzuspielen. In beiden Fällen würden jedoch die künstlerische Betätigungsfreiheit und damit auch die kulturelle Fortentwicklung eingeschränkt, was der Bundesgerichtshof im Rahmen seiner Prüfung der Kunstfreiheit nicht hinreichend berücksichtigt hat.“*

Für die Band Kraftwerk ist dieses Urteil nur wenig hilfreich. Die deutschen Hip-Hop Künstler werden sich darüber freuen, da es vorerst leichter sein dürfte, sich an anderen Musikstücken zu bedienen. Wie genau der Rechtsrahmen für das Sampling ist, muss trotzdem erst noch geklärt werden. Die Unsicherheit bleibt somit weiter bestehen, da der Fall neu entscheiden werden muss.

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