Bald keine Schufa-Einträge mehr durch Corona?
Der Gesetzgeber ändert wegen der Corona Pandemie Vorschriften im Mietrecht und auch im Insolvenzrecht. Wir berichteten hierüber bereits.
Änderung des Datenschutzrechts in Corona Zeiten nötig?
Wie sieht es mit Negativeinträgen bei der Schufa Holding AGoder bei anderen Auskunfteien aus? Muss auch hier eine Änderung im Datenschutz in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) oder dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) erfolgen?
Seit der Einführung der DSGVO kann eine Datenübermittlung an dieSchufa Holding AG nur noch über Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO, also eine Interessenabwägung, gerechtfertigt werden. In Deutschland wird de facto jedoch die schon zuvor geltende Rechtslage des § 28a Abs. 1 BDSG alter Fassung (a.F.) , welcher fünf verschiedene Übermittlungstatbestände vorsah und jetzt nach § 31 Abs. 2 BDSG neue Fassung (n.F.) nur noch die Auskunfteien wie die Schufa Holding AG unmittelbar bindet, angewandt.
Begründet wird dies maßgeblich damit, dass sich das alte System des § 28 a Abs. 1 BDSG alter Fassung etabliert habe und alle Beteiligten ausreichend schütze. Dass dies jedoch nicht immer der Fall ist und damit europarechtliche Schwierigkeiten entstehen, wird dabei in weiten Teilen hingenommen.
Was bedeutet die Anwendung des “Fünferkatalogs” in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wie der Corona-Krise? Ist tatsächlich ein ausreichender Schutz für die Betroffenen gegeben und kann aus dem Vorliegen der formalen Voraussetzungen von einer berechtigten Datenverarbeitung gesprochen werden? Die Fragen sollen hier am Beispiel der monatlichen Mietzahlungen aufgearbeitet werden, obgleich dies auch auf andere Bereiche (Darlehensrecht) übertragbar ist:
Negativeintrag bei Zahlungsverzug oder Kündigung?
Nach § 31 Abs. 2 BDSG in seiner aktuellen Fassung können beim Vorliegen einer fälligen Forderung und einer zweimaligen Mahnung mit entsprechendem SCHUFA-Hinweis (Nr. 4) oder bei einem derartigen Hinweis und dem Vorliegen der Kündigungsvoraussetzungen (Nr. 5) Daten durch die SCHUFA berücksichtigt werden. Der Gesetzgeber hat den Verbrauchern in dem “Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie” bis zum 30. Juni 2020 ein Leistungsverweigerungsrecht bei Dauerschuldverhältnissen eingeräumt.
Das bedeutet, dass eine Zahlung zB. der Miete in diesem Zeitrahmen verweigert werden kann, wenn damit eine Gefährdung des Lebensunterhalts einhergehen würde. Damit einhergehend wurde geregelt, dass Vermieter bis zu diesem Datum eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht alleine aus dem Grund, dass die fällige Miete nicht geleistet wurde, aussprechen können, sofern die Nichtleistung auf den Auswirkungen der Corona-Krise beruht.
Verständlich ausgedrückt heißt das, dass all diejenigen, die aufgrund der COVID-19-Pandemie Gehaltseinbußen haben und ihren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten könnten, bis Ende Juni die Zahlung der Miete verweigern dürfen. Die Rückstände müssen bis spätestens 30. Juni 2022 zurückgezahlt werden.
Ähnlich verhält es sich im Darlehensrecht. Bei Zahlungsrückständen ist die Kündigungsmöglichkeit ebenfalls vorläufig ausgeschlossen. Die offenen Forderungen gelten mit Eintritt der Fälligkeit für drei Monate gestundet. Wegen Zahlungsrückstandes, Verschlechterung der Vermägenslage u.ä. darf ein Verbraucherdarlehensvertrag nicht gekündigt werden. Voraussetzung ist wie bei den Mietverträgen wieder der unmittelbare Kontext zur aktuellen Pandemie. Allerdings fehlt für die Darlehensverträge eine Übergangsregelgung bis zum 30. Juni 2022. Daraus folgt, dass die Forderung nach Ablauf der Stundungsfrist insgesamt gefordert werden kann und dann auch eine Kündigung möglich ist.
Wer weiterhin ein normales Gehalt bezieht oder trotz Einbußen genügend finanzielle Ressourcen zum Bestreiten des Lebensunterhalts zur Verfügung hat, ist davon nicht umfasst! Vorsicht: Auch andere Kündigungsrechte aus wichtigem Grund sind davon nicht umfasst!
Gemessen an § 31 Abs. 2 Nr. 5 BDSG n.F. ist man mit einer Nichtzahlung der Miete bis zum 30. Juni 2020 vor einem Negativeintrag bei der SCHUFA scheinbar sicher, da eine Kündigungslage dann noch nicht vorliegt. Dieses Resultat kippt aber schlagartig zum 01. Juli 2020, da die Kündigungsvoraussetzungen dann quasi über Nacht vorliegen. Wer bis dahin keine konkrete Vereinbarung mit dem Darlehensgeber getroffen hat, läuft also in die Gefahr, dass ein negativer SCHUFA-Eintrag vorgenommen wird. Doch damit nicht genug:
Negativeintrag bei Titulierung?
Der Gesetzgeber hat auch darüber hinausgehende Folgen nicht geregelt. Aus dem Umstand, dass den Betroffenen nur ein sog. Leistungsverweigerungsrecht zugestanden wird, entfällt die Fälligkeit der Miete nicht. Man bleibt weiterhin zur Mietzahlung verpflichtet, nur muss man diese nicht sofort leisten. Vermieter könnten also auf die Idee kommen, den Mietrückstand in einem Mahn- und anschließenden Vollstreckungsbescheid geltend zu machen. Bei einem solchen “schnellen” Verfahren wird die Forderung nicht darauf überprüft, ob diese berechtigterweise geltend gemacht wird. Dies erfolgt erst, wenn man einen Widerspruch gegen den Mahnbescheid einlegt. Tut man dies nicht oder nicht rechtzeitig binnen einer Frist von 14 Tagen nach Zustellung, ergeht ein Vollstreckungsbescheid. Dieser Vollstreckungsbescheid dürfte zwar bis zum Ablauf des 30. Juni 2022 nicht vollstreckbar sein, allerdings verhindert dies nicht zwangsläufig, dass die Forderung der SCHUFA gemeldet wird.
Ein Vollstreckungsbescheid stellt eine sog. gerichtliche Titulierung nach § 31 Abs. 2 Nr. 1 BDSG n.F. dar. Daraus folgt, dass ein SCHUFA-Eintrag mit Blick auf § 31 Abs. 2 Nr. 1 BDSG n.F. auch zeitnah vorgenommen werden könnte, wenn es zu einem Vollstreckungsbescheid kommt. Sollte es im Anschluss irgendwann zu einer Kündigung kommen, wird die Suche nach einer neuen Wohnung massiv erschwert. Also aufgepasst, falls gelbe Post von Gericht oder Gerichtsvollzieher im eigenen Briefkasten landet.
Vorsicht bei Mahnbescheiden und Ratenzahlungsvereinbarung!
Selbst wenn man auf einen erlassenen Mahnbescheid unmittelbar reagiert und sich mit seinem Vermieter auf eine Ratenzahlung einigt, gibt es einige Dinge zu beachten. § 31 Abs. 2 Nr. 3 BDSG n.F. sieht nämlich vor, dass Negativeinträge durch die SCHUFA, Creditreform oder anderen Auskunfteien auch dann verarbeitet werden dürfen, wenn die betroffene Person die Forderung ausdrücklich anerkennt. Diese Gefahr besteht auch, wenn man sich mit seiner Bank einvernehmlich einigt und eine Rückzahlungsvereinbarung trifft. Es sollte bei einer solchen Vereinbarung daher dringend berücksichtigt werden, dass eine Einmeldung bei der SCHUFA oder einer anderen Auskunftei nicht erfolgen darf.
Sind Änderungen von DSGVO oder BDSG notwendig?
Der findige Leser wird nun womöglich die Voraussetzungen des § 31 Abs. 2 BDSG n.F. mit denen des Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO vergleichen und feststellen, dass in beiden Fällen ein berechtigtes Interesse gefordert wird.
Dieses berechtigte Interesse könnte zum entscheidenden Punkt in der Corona-Krise werden: Bei § 28a Abs. 1 BDSG a.F. hat die Rechtsprechung einhellig anerkannt, dass ein berechtigtes Interesse bei Vorliegen einer der Möglichkeiten des “Fünferkatalogs” automatisch vorliegt, da die Zahlungsunfähigkeit oder -unwilligkeit damit nachgewiesen sei. Eine weitere Prüfung erfolgte seinerzeit bei Vorliegen eines sog. Katalogmerkmals nicht.
Aus zahlreichen Fällen, die seit Mai 2018 durch die Rechtsanwälte der Kanzlei AdvoAdvice behandelt wurden, zeigt sich, dass diese Annahme noch immer verbreitet ist und sich die Unternehmen maßgeblich danach richten.
Die DSGVO verlangt jedoch, dass ein derartig berechtigtes Interesse klar ersichtlich und beim Namen genannt werden und dieses mit den Interessen der betroffenen Person abgewogen werden muss. Nimmt man also die tatsächliche Rechtsgrundlage ernst, muss der eigentliche Lebenssachverhalt vollständig berücksichtigt werden. Das bedeutet nach der Rechtsansicht der Experten aus der Kanzlei AdvoAdvice, dass auch ab dem 01.07.2020 kein negativer SCHUFA-Eintrag wegen Nichtzahlung der Miete erfolgen darf, wenn der enge Zusammenhang zur COVID-19-Pandemie gegeben ist. Dies ist ein Musterbeispiel dafür, warum der “Fünferkatalog” des § 31 Abs. 2 BDSG n.F. genauso wie des § 28a Abs. 1 BDSG a.F. nicht geeignet ist, die Interessen der Betroffenen ausreichend zu schützen. Nach dem “Fünferkatalog” können nämlich Negativeinträge ermöglicht und legalisiert werden, welche die DSGVO verbietet.
Eine Änderung der DSGVO und des BDSG sind daher nicht notwendig. ABER: Die Regelungen der DSGVO müssen endlich durch die eintragenden Unternehmen befolgt und von den Gerichten unmittelbar angewandt werden. Nur dann können die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie ausreichend aufgefangen werden. Es liegt dabei auch an den Datenschutzbehörden entsprechende Bußgelder zu verhängen, um die Unternehmen zu einem datenschutzkonformen Verhalten zu zwingen.
Bei Eintrag sofort Hilfe beim Experten suchen!
Sollten Sie im Kontext der COVID-19-Pandemie unter einem Negativeintrag leiden, der entweder durch die Krise entstanden ist oder eine staatliche Hilfe (KfW-Kredite u.ä.) in dieser Zeit erschwert bzw. unmöglich macht, sollten Sie sich umgehend an unsere Datenschutz-Experten wenden. Rechtsanwalt Dr. Sven Tintemann und sein Team stehen gerne mit fairem Rechtsrat und ihrer Expertise auch für Ihren Fall zur Verfügung.
Haben auch Sie Probleme mit Einträgen in Auskunfteien, wie z.B. Schufa-Holding AG, Bürgel, Creditreform, Boniversum oder anderen? Dann wenden Sie sich an die erfahrenen Rechtsanwälte der Kanzlei AdvoAdvice Rechtsanwälte mbB unter info@advoadvice.de.
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