Kündigung von Sparverträgen durch Sparkasse und Volksbank

Die Sparkasse Märkisch-Oderland (MOL) aber auch andere Banken und Sparkassen sollen gut verzinste Sparverträge Ihrer Kunden aus den letzten Jahren gekündigt haben. Merkmal dieser Sparverträge ist, dass die Banken neben der laufenden Verzinsung sogenannte „Bonus“-Verzinsungen gewähren, welche weit über dem marktüblichem Zinssatz liegen. Diese hohen Bonusverzinsungen können die Banken derzeit nur schwer erwirtschaften und kündigen deshalb die alten hoch verzinsten Sparverträge mit Kunden auf. Dabei werden Sparverträge mit Laufzeiten (meist 25 Jahre) und auch Sparverträge ohne feste Laufzeit gekündigt.

Was steckt dahinter:

Banken haben unter der andauernden Niedrigzinsphase schwer zu kämpfen. Banken müssen Geld erwirtschaften um Mitarbeiter, Geschäftsstellen, Automaten, Gebäude und vieles mehr zu finanzieren. Früher haben Banken fast ausschließlich mit den Zinsmargen Geld verdient, Provisionen gab es damals kaum.

In den letzten Jahren ist diese Zinsmarge jedoch sehr gering, herrschen am Finanz- und Kapitalmarkt seit Jahren Niedrigzinsen – vorgegeben durch die EZB. Die Banken leiden sehr unter der Niedrigzinsphase, können sie aufgrund der niedrigen Zinsmarge kaum noch Geld damit erwirtschaften. Daher stellt sich aber die Frage, was genau die Zinsmarge ist. Einfach gesagt: Die Zinsmarge ist die Differenz zwischen dem, was die Bank ihren Kunden an Zinsen auf dem Sparkonto zahlen muss und dem, was die Bank an Zinsen von ihren Darlehensnehmern bekommt. Die Banken müssen Darlehensnehmer das Geld billig anbieten und können den Sparern nur Zinsen anbieten, die noch darunter liegen. Damit lässt sich derzeit also für eine Bank kaum Geld verdienen.

Schlimm wird es für die Banken daher dann, wenn sie sich beim Angebot eines Sparkontos bei den Zinsen verkalkuliert oder schlecht refinanziert haben. Sie müssen dann Zinsen und Boni bezahlen, die sie selbst nicht mehr so einfach über die Zinsmarge erwirtschaften können. Aus diesem Grund kündigen die Banken die Sparverträge mit hohen Zinszahlungen um die Ausgaben reduzieren.

Die Sparkasse Märkisch-Oderland hatte im Jahr 2012, als noch höher Zinsen möglich waren, Sparverträge mit hohen Zins-/Bonuszahlungen angeboten und kündigte diese Sparverträge nun mit dem Hinweis auf die andauernde Niedrigzinsphase.

Wenn Sie mit der Bank einen Sparvertrag schließen, leihen Sie der Bank Ihr Geld und erhalten dafür Zinsen. Sie gewähren der Bank also ein Darlehen. Mit einem Sparvertrag hat die Bank also ein Darlehen mit Ihnen abgeschlossen, bei dem die Bank hohe Darlehenszinsen an Sie zahlen muss. Nun ist der Marktzins stark gefallen und die Bank will keine hohen Zinsen mehr an Sie zahlen und kündigt deshalb den Sparvertrag. Behalten Sie dies zunächst bitte einmal im  Hinterkopf.

Stellen wir uns nun das genaue Gegenteil vor: Sie nehmen zu hohen Zinsen ein Darlehen bei der Bank auf. In den nachfolgenden Jahren fällt der Zinssatz enorm. Wenn Sie jetzt zur Bank gehen und das teure Darlehen kündigen mit der Begründung, dass die Zinsen zu hoch sind, wird die Bank sich wohl nicht darauf einlassen – oder nur, wenn sie der Bank dafür eine sehr hohe Vorfälligkeitsentgeltentschädigung (eine Art „Strafzins“) zahlen.

Ist die Kündigung rechtens?

Deshalb stellt sich nun die Frage: Müssen Sie sich auf die Kündigung des Sparvertrages einlassen? Steht der Bank hier eventuell ein Sonderkündigungsrecht zu?

Im Grundsatz gilt immer: Verträge sind einzuhalten! Dies gilt auch für die Bank. So einfach kann die Bank den Vertrag daher nicht kündigen! Der Bank müsste ein Kündigungsrecht zustehen. Die Banken berufen sich bei der Kündigung auf eine Vielzahl von Kündigungsrechten, z.B. auf den Sparvertrag selbst, Nr. 26 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen, Nr. 4 der Bedingungen für den Sparverkehr sowie § 488 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Dass die Banken oft eine Vielzahl von Kündigungsgründen angibt zeigt schon, dass die Banken selbst nicht sicher sind ob ihnen überhaupt ein Kündigungsrecht zusteht.

Ob den Banken überhaupt ein Kündigungsrecht zusteht, ist zunächst einmal von den Bedingungen des Sparvertrags selbst abhängig.  

In den Regelungen des Sparvertrages finden sich zum Teil folgende (oder vergleichbare) Regelungen:

„3 Beendigung des Sparvertrages

3.1 Verfügung nach Kündigung

Es gilt eine dreimonatige Kündigungsfrist. Die Kündigung bewirkt, dass der Sparer innerhalb eines Monats nach Ablauf der Kündigungsfrist über den gekündigten Betrag verfügen kann. Macht der Sparer von diesem Recht ganz oder teilweise Gebrauch, wird der Vertrag damit insgesamt beendet. Wird innerhalb eines Monats nach Ablauf der Kündigungsfrist über den gekündigten Vertrag nicht verfügt, so wird der Vertrag zu den ursprünglichen Bedingungen fortgesetzt.“

In dem Sparvertrag selbst wird zudem geregelt, dass die „Allgemeinen Geschäftsbedingungen“ (AGB) sowie die  „Bedingungen für den Sparverkehr“ mit einbezogen werden und daher Anwendung finden. Darin finden sich oft diese oder vergleichbare Regelungen:

Nr. 26 AGB: Kündigungsrecht

1) Ordentliche Kündigung

Sowohl der Kunde als auch die Sparkasse können die gesamte Geschäftsbeziehung oder einzelne Geschäftszweige jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, soweit keine abweichenden Vorschriften oder anderweitigen Vereinbarungen dem entgegenstehen. Kündigt die Sparkasse, so wird sie den berechtigten Belangen des Kunden angemessen Rechnung tragen, insbesondere nicht zur Unzeit kündigen.

„Nr. 4. Bedingungen für den Sparverkehr: Kündigung

Die Kündigungsfrist beträgt 3 Monate. Von Spareinlagen mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten können – soweit nichts anderes vereinbart wird – ohne Kündigung bis zu 2 000 € für jedes Sparkonto innerhalb eines Kalendermonats zurückgefordert werden. Eine Auszahlung von Zinsen innerhalb zweier Monate nach Gutschrift gem. Nr. 3.3. wird hierauf nicht angerechnet. …“

Zu guter Letzt berufen sich die Banken bei der Kündigung von Sparverträgen oft auch noch hilfsweise auf das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB), woraus sich ein  Kündigungsrecht ergeben könnte:

§ 488 Absatz 3 BGB

„Ist für die Rückzahlung des Darlehens eine Zeit nicht bestimmt, so hängt die Fälligkeit davon ab, dass der Darlehensgeber oder der Darlehensnehmer kündigt. Die Kündigungsfrist beträgt drei Monate. Sind Zinsen nicht geschuldet, so ist der Darlehensnehmer auch ohne Kündigung zur Rückzahlung berechtigt.“

Als Verbraucher mag man sich bei dieser Vielzahl von Regelungen regelrecht erschlagen und machtlos fühlen. Doch ein Kündigungsrecht der Banken bleibt trotz dieser Regelungen strittig und daher höchst fraglich.

Unwirksamkeit der Vereinbarung Nr. 3 im Sparvertrag selbst

Die Klausel wird aufgrund der Formulierung so verstanden, dass dieses 3-monatige Kündigungsrecht alleine nur dem Kunden und nicht der Bank zusteht! Die Banken musste mit dem Sparer ein ihm zustehendes 3-monatige Kündigungsrecht vereinbaren, um bestimmte aufsichts- und bilanzrechtliche Vorschriften zu erfüllen. Sich selbst durfte die Bank aber kein solches Kündigungsrecht einräumen. Auch danach wäre eine Kündigung durch die Bank nicht möglich!

Unwirksamkeit von Nr. 4 der Sparbedingungen

Gleiches gilt für das Kündigungsrecht nach den Sparbedingungen: Juristen sehen hierin auch nur ein 3-monatiges Kündigungsrecht für den Sparer, aber kein Kündigungsrecht für die Banken! Die Banken wollten dieses Kündigungsrecht nur für den Sparer schaffen. Andernfalls könnten die Banken nämlich auch bereits 3 Monate nach Abschluss des Vertrages den Sparvertrag kündigen, würden damit aber wieder gegen das Aufsichts- und Bilanzrecht verstoßen, was sie sicher nicht wollen.

(Un)Wirksamkeit der Kündigung nach § 488 Absatz 3 BGB

Ein Kündigungsrecht der Banken nach § 488 Absatz 3 BGB steht der Bank meistens nicht zu, sind die meisten Sparverträge doch mit einer festen  Laufzeit von 25 Jahren abgeschlossen worden. Hieran kann sich daher nur etwas ändern, wenn eine variable Laufzeit vereinbart wurde.

 (Un)Wirksamkeit nach Nr. 26 der AGB

Liest man die AGB, vermag man zu denken, dass die Sparkasse zur Kündigung berechtigt ist. Doch dies gilt nur, wenn diese AGB-Klausel überhaupt wirksam ist.

Bezüglich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen urteilte der Bundesgerichtshof als höchste Instanz, mit einem Urteil vom 05.05.2015, dass die Formulierung „soweit keine zwingenden Vorschriften entgegenstehen“ für den Sparer unverständlich und damit intransparent ist (Aktenzeichen: XI ZR 214/14). Aufgrund dieser Intransparenz kann die Bank sich gemäß § 307 BGB nicht auf dieses Kündigungsrecht berufen. Banken haben diese Regelung daher bereits zum Teil angepasst. Hier käme es für die Wirksamkeit der Kündigung auf den Zeitpunkt der Kündigung und den Zeitpunkt der AGB-Anpassung an.

Resümee

Ob die Kündigung von Sparverträgen seitens der Bank wirksam ist hängt von vielerlei Faktoren, insbesondere den individuell geschlossenen Vereinbarungen ab. Es lässt sich aber unschwer erkennen, dass die Banken selbst erkannt haben, dass sie Schwierigkeiten mit der Kündigung haben und sie daher oft eine Vielzahl an Kündigungsrechten angeben.

Nicht zu vernachlässigen ist auch der Imageverlust eine Sparkasse, die sich die nicht an die vereinbarten Verträge halten will, wenn sie selbst Zinsen zahlen muss, aber weiterhin von Darlehensnehmern die hohen Darlehnszinsen verlangt. Daher ist manchen Banken auch an einer gütlichen Einigung gelegen.

Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Kim Oliver Klevenhagen der Rechtsanwaltskanzlei AdvoAdvice aus Berlin führte bereits in anderen Angelegenheiten Vergleichsgespräche mit Banken und  weiß daher, dass es oft sinnvoll ist, sich mit der Bank auseinanderzusetzen: „Derzeit herrscht noch ein Unklarer Sachstand bezüglich der Kündigungen und es gibt eine Vielzahl von Fallkonstellationen. Es lohnt sich daher seinen Fall einmal von einem Anwalt einmal individuell prüfen zu lassen und gegebenenfalls mit der Bank zu sprechen. Aufgrund der vielen Unwägbarkeiten erscheint es nicht ausgeschlossen, einen für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden oder gar den Klageweg zu beschreiten.“

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