Mit dem Kauf von Immobilien wollen Anleger einen stabilen und sicheren Vermögenswert für die Zukunft schaffen. Dazu investieren Anleger das lang ersparte Geld immer häufiger in Immobilien, weil diese mit Ihrer Bausubstanz einen nachhaltigen und sicheren Vermögenswert darstellen und von den Schwankungen auf dem internationalen Geldmarkt nicht unmittelbar berührt werden. Diese Bausubstanz sollte jedoch ihr Geld wert sein, über die Jahre stabil bleiben und durch Mieteinnahmen regelmäßige Einnahmen erwirtschaften, die den Kaufpreis wieder einspielen sowie darüber hinaus eine wirtschaftlich sinnvolle Rendite erzielen.
Doch was passiert, wenn dies nicht der Fall ist, weil man eine so genannte „Schrottimmobilie“ erworben hat? Zwar hat man Ansprüche gegen den Verkäufer, weil dieser einem nicht das verkauft hat, was vereinbart war und das Gekaufte auch seinen Preis nicht wert ist. Doch allzu oft sind die Verkäufer zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme leider insolvent, unbekannt verzogen oder einfach nicht liquide.
Für Anleger stellt sich dann die Frage: Kann ich die finanzierende Bank, die sich ja im Rahmen der Kreditgewährung die Immobilie als Beleihungsobjekt für sich geprüft hat, in Anspruch nehmen? Muss man sein Darlehen bei der Bank in voller Höhe zurückzahlen, wenn der gezahlte und finanzierte Kaufpreis erheblich vom objektiven Verkehrswert abweicht?
# Grundsätzlich gilt: Banken haften nicht wie der Verkäufer
Zunächst ist einmal festzuhalten, dass die Bank nicht der Verkäufer der Immobilie ist und mit dem eigentlichen Verkauf und einer etwaig vorangegangenen Kapitalanlageberatung somit zunächst einmal nicht viel zu tun gehabt haben dürfte. Gegen den Verkäufer haben Sie bei den klassischen „Schrottimmobilien“ vielerlei Ansprüche, weil er Sie „übers Ohr gehauen hat“. Mit diesem haben Sie den Kaufvertrag über eine überteuerte oder mangelbehaftete Immobilie geschlossen. Der Darlehensvertrag mit der Bank ist vom Kaufvertrag zu unterscheiden und rechtlich betrachtet ein zweiter, völlig unabhängiger Vertrag. Wie Sie ihr Geld aus dem Darlehen verwenden, ist grundsätzlich ja Ihnen überlassen.
Folgerichtig lässt die Rechtsprechung daher die finanzierende Bank nicht in jedem Fall der Finanzierung von einer überteuerten Immobilie haften.
# Banken haften jedoch unter bestimmten Voraussetzungen!
Die Bank gewährt in der Regel nur das Darlehen und berät den Käufer nicht über den Kauf oder das Kaufobjekt selbst. Daher ist die Bank zunächst einmal grundsätzlich nicht verpflichtet, den Käufer über irgendetwas hinsichtlich der Immobilie aufzuklären. Es sei denn, bestimmte Konstellationen sind erfüllt.
Wenn die Bank bezüglich des Kaufes gegenüber dem Käufer jedoch eine Aufklärungspflicht hat und diese verletzt, haftet die Bank aber auch gegenüber dem Käufer. Dies bestätigt auch die jüngere Rechtsprechung. So hat eine Bank in den folgenden Fällen eine Aufklärungspflicht und wenn sie diese verletzt, haftet sie dafür.
## Die Bank hat einen konkreten Wissensvorsprung bezüglich der Risiken des Vorhabens
Wenn die Bank bezüglich des Immobilienvorhabens gegenüber dem Käufer einen Wissensvorsprung hat, muss sie den Kunden darüber aufklären und haftet, wenn sie den Kunden nicht aufklärt.
### Wissensvorsprung der Bank
Die Bank muss sich bei einem Wissensvorsprung die Äußerungen und damit die arglistige Täuschung gegenüber dem Darlehensnehmer von Dritten zurechnen lassen, sodass sie in dem Fall haftet. Ein Wissensvorsprung liegt z.B. vor, wenn die Bank weiß, dass der Verkäufer in wirtschaftlich schlechter Lage ist, sie Hauptgeldgeberin des Verkäufers ist und ein hohes Risiko des Scheiterns des Vorhabens besteht (So ein Urteil des Bundesgerichtshofs vom 29.05. 1978 – II ZR 173/77). Ein solcher Wissensvorsprung wird bei einer institutionellen Zusammenarbeit von Darlehnsgeber und Immobilienverkäufer immer vermutet.
### Institutionelles Zusammenwirken
Die Frage ist jedoch, wann ein solches institutionelles Zusammenwirken vorliegt. Nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 16.05.2006 – XI ZR 06/04 arbeitet die Bank mit dem Verkäufer/Vermittler institutionell zusammen, wenn eine ständige Geschäftsbeziehung zwischen ihnen besteht und der Verkäufer seine Käufer desselben Objekts wiederholt an die Bank vermittelt oder ihm Anträge und Unterlagen der Bank zur Vorlage beim Käufer überlassen werden. Dem Kreditnehmer wird also im Zusammenhang mit den Verkaufsunterlagen der Kreditantrag vom Verkäufer vorlegt, die Finanzierung also von ihm angeboten und die Bank ist zur Übernahme der Finanzierung bereit. In solchen Fällen wird der Wissensvorsprung der Bank vermutet, sodass eine Haftung wahrscheinlich erscheint.
### Sittenwidrige Kaufpreisüberhöhung
Auch wenn der Kaufpreis sittenwidrig überhöht ist kann die Bank bei einem institutionellen Zusammenwirken aufgrund dieser Sittenwidrigkeit haften, wobei da jedoch bewiesen werden muss, dass die Bank die sittenwidrige Überhöhung kannte oder kennen musste (so hat der Bundesgerichtshof entschieden am 23.10.2007 – XI ZR 167/05 sowie am 15.06.2010 – XI ZR 318/09).
Derzeit setzt die Rechtsprechung des BGH die Grenze der sittenwidrigen Kaufpreisüberhöhung mit ca. 90% Überhöhung gegenüber dem objektiven Verkehrswert an.
Ein solcher Beweis ist jedoch auch nicht nötig, wenn der Käufer vom Verkäufer arglistig getäuscht wurde. Rückschlüsse auf die Kenntnis der Bank von einer arglistigen Täuschung durch den Verkäufer können sich auch schon daraus ergeben, dass die Bank zu bankinternen Zwecken den Beleihungswert ermittelt und dieser evident vom Kaufpreis abweicht. So entschied der BGH mit Urteil vom 27.05.2008 – XI ZR 132/07, dass gerade der Beleihungswertermittlung besonderes Gewicht zukommt, um der Bank das Wissen um die Täuschung zuzurechnen. Da Banken eigentlich immer den Beleihungswert im Rahmen einer internen Bewertung für sich selbst (nicht für den Darlehensnehmer!) für ihre Sicherheiten ermitteln, hätte die Bank Sie als Anleger daher beim Kauf einer „Schrottimmobilie“ eventuell über einen sittenwidrigen Kaufpreis aufklären können – und müssen, sofern sich bei der internen Beleihungswertermittlung Anhaltspunkte ergeben. Hat sie dies nicht getan, könnte die Bank dafür haften.
## Zurechnung von Äußerungen bei Einsatz eines (Darlehens)Vermittlers
Zudem haftet eine Bank beispielsweise auch, wenn sie die Kreditverhandlungen einem Dritten überlässt. Dies wird oft sogar schriftlich festgehalten, indem sich die Bank von Kunden bei der Finanzierung einer Immobilie auf Ihren Vordrucken bestätigen lässt, dass ein persönliches Gespräch mit einem namentlich benannten Vermittler stattgefunden hat, in welchem der Vermittler die Finanzierung mit dem Bankendarlehen erläutert und falsche Angaben gemacht hat. So entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 14.11.2000, XI ZR 336/99: „Übernimmt ein Vermittler, gleichgültig ob selbstständig oder nicht, mit Wissen und Wollen einer der späteren Vertragsparteien Aufgaben, die typischerweise ihr obliegen, so wird er in ihrem Pflichtenkreis tätig und ist zugleich als ihre Hilfsperson zu betrachten.“
Der Vermittler handelt in dem Fall, in dem er das Darlehen der Bank dem Käufer erläutert, für die Bank und die Bank muss sich folglich seine Äußerungen und Handlungen zurechnen lassen. Täuscht der Vermittler dabei über Tatsachen, ist diese Täuschung auch der Bank zuzurechnen.
## Die Bank äußert sich zur Planung, Durchführung oder dem Vertrieb des Immobilienprojekts
Die Bank haftet außerdem, wenn sie ihre Rolle als kreditvergebende dritte Partei überschreitet und sie sich selber aktiv an dem Vertrieb von Immobilien beteiligt hat, indem eine Beratung durch einen Verkäufer der Bank erfolgt ist, der sich zur Planung, Durchführung oder dem Vertrieb des Immobilienprojekts geäußert hat.
## Die Bank gewährt dem Bauträger, als auch dem Käufer, einen Kredit und verwickelt sich in einen Interessenskonflikt
Die Bank muss den Kunden darüber aufklären, wenn sie sich aufgrund ihrer ungewöhnlichen Einbindung in das Immobiliengeschäft in einem Interessenkonflikt befindet, weil sie dem Bauträger einen Kredit gewährt und durch das Darlehen an den Käufer die Verbindlichkeiten des Bauherren reduzieren wieder will. Dies Entschied der Bundesgerichtshof in seinem Urteil vom 17.12.1991 – XI ZR 8/91 sowie neuer vom 16.05.2006 – XI ZR 6/04.
## Die Bank schafft oder begünstigt einen Gefährdungstatbestand
Die Bank ist auch zur Aufklärung verpflichtet und haftbar bei Verletzung diese Pflicht, wenn sie einen Gefährdungstatbestand schafft oder begünstigt. Nach einem Urteil vom Bundesgerichtshof (Urteil vom 16.05.2006 – XI ZR 6/04 m.w.N.) ist dies zum Beispiel dann der Fall, wenn die Bank einem Dritten die Möglichkeit gewährt, Darlehensgelder auf ein anderes, nicht vorgesehenes Konto umzuleiten.
Die hier genannten Beispiele sind nur einige von vielen Beispielen, in welchen die Bank aufgrund einer falschen oder unterlassenen Aufklärung haftet. Daneben gibt es noch unzählige weitere Fälle, welche in diese Kategorien fallen können. Guter anwaltlicher Rat kann sich daher auszahlen.
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht der Rechtsanwaltskanzlei AdvoAdvice aus Berlin sagt deshalb: „Jeder Fall ist anders und muss individuell sorgfältig geprüft werden. Für Käufer einer Schrottimmobilie ist es also noch lange kein Grund den Kopf in den Sand zu stecken, wenn der Verkäufer nicht mehr greifbar oder solvent ist. Vielmehr sollten die Käufer anwaltlich prüfen ob aufgrund einer Aufklärungspflichtverletzung Ansprüche gegen die finanzierende Bank bestehen, um so zumindest einen Teil des Geldes wiederzubekommen.“ Dabei ist nicht immer ein Gerichtsverfahren nötig. „Häufig kann einen sinnvolles und geplantes Vorgehen ein Gerichtsverfahren unnötig machen. Viele Banken sind nicht an einem langjährigen und teuren Verfahren interessiert, sondern wollen Problemfälle aus Ihren Bilanzen und Abschreibungen heraushalten.“, sagt Rechtsanwalt Klevenhagen.
Das Team von Rechtsanwalt Klevenhagen hat bereits einer Vielzahl von Mandanten helfen können, erfolgreiche außergerichtliche Einigungen mit Banken zu erzielen und Gerichtsprozesse erfolgreich zu gestalten.