BGH – kein pauschales Bank-Mindestentgelt für geduldete Überziehung

In Zeiten niedriger Zinssätze und sogar Strafzinsen für Banken suchen diese nach immer neuen Einnahmequellen. Eine Einnahmequelle sind hier kostenpflichtige Girokonten. So hat etwa nach den Sparkassen zum 1. November 2016 auch die Postbank ihre Girokonto-Modelle umgestellt: Das Postbank Giro plus kostet 3,90 Euro pro Monat, das Giro direkt (bei Online-Banking) kostet 1,90 Euro monatlich und das Giro extra plus 9,90 Euro pro Monat (kostenlos ab monatlichem Geldeingang von 3.000 Euro/Monat).

Hierneben „erfinden“ zahlreiche Banken Gebühren für ihre Bank-Dienstleistungen, die immer wieder auf dem Prüfstand deutscher Gerichte stehen. Zuletzt hatte der Bundesgerichtshof sich mit zwei vorformulierten Vertragsklauseln mit Entgelten bei geduldeter Kontoüberziehung zu beschäftigen:

**Erste Klausel**

In den ersten, von einem Verbraucherschutzverein monierten „Bedingungen für geduldete Überziehungen“ einer Bank hieß es:

*„5. Die Höhe des Sollzinssatzes für geduldete Überziehungen, der ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfällt, beträgt 16,50% p. a. Die Sollzinsen für geduldete Überziehungen fallen nicht an, soweit diese die Kosten der geduldeten Überziehung (siehe Nr. 8) nicht übersteigen.*

*8. Die Kosten für geduldete Überziehungen, die ab dem Zeitpunkt der Überziehung anfallen, betragen 6,90 Euro und werden im Falle einer geduldeten Überziehung einmal pro Rechnungsabschluss berechnet. Die Kosten für geduldete Überziehung fallen jedoch nicht an, soweit die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen diese Kosten übersteigen.“*

**Zweite Klausel**

In einem zweiten Verfahren begehrte ein Verbraucherschutzverein von einer Bank die Unterlassung folgender Klausel:

*„[Die Bank] berechnet für jeden Monat, in welchem es auf dem Konto zu einer geduldeten Überziehung kommt, ein Entgelt von 2,95 Euro, es sei denn, die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen übersteigen im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 Euro. Die angefallenen Sollzinsen für geduldete Überziehungen werden nicht in Rechnung gestellt, wenn sie im Berechnungsmonat den Entgeltbetrag von 2,95 Euro unterschreiten.“*

**Entscheidung des Bundesgerichtshofs**

Der Bundesgerichtshof erklärte mit zwei Urteilen vom 25. Oktober 2016 (Aktenzeichen XI ZR 9/15 und XI ZR 387/15) beide Klauseln für unwirksam, da sie als Preisnebenabreden (und nicht als der Inhaltskontrolle versperrte Hauptregelungen) von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen und die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Nummer 1 BGB), wälzen die Klauseln einen Bearbeitungsaufwand doch unabhängig von der Laufzeit des Darlehens auf den Kunden ab. Dabei sei der Preis für eine geduldete Überziehung doch ein Zins und damit eine laufzeitabhängige Vergütung für eine Kapitalüberlassung auf Zeit. In den Überziehungszins sei daher der Bearbeitungsaufwand bereits mit einzupreisen. Zudem würden die festen Gebühren zu unverhältnismäßigen Belastungen führen. Beispielsweise bei einer geduldeten Überziehung von 10 Euro für 1 Tag würde ein Entgelt von 6,90 Euro einen Zinssatz von 25.185 % p.a. bedeuten!

Inhaltsverzeichnis

Kennen Sie schon diese Beiträge?