BVerfG: Wann muss der Weg zum BGH frei gemacht werden?

Eine in vielen Rechtsstreitigkeiten relevante Frage wurde nun durch das Bundesverfassungsgericht geklärt. Dieses äußert sich mit Beschluss v. 16.06.2016 – Az. 1 BvR 873/15 zu der wichtigen Frage, wann die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen werden muss. In den meisten Verfahren gilt das zweitinstanzliche Urteil vor dem Oberlandesgericht als abschließendes Urteil. Nur in besonderen Fällen muss die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen werden. Dies regelt die Zivilprozessordnung in § 543 Abs. 2 ZPO.

Vorliegend hatte eine Klägerin einen Prozess geführt, um sich durch einen Widerruf von einem Darlehensvertrag zu lösen. Dabei war aus Klägersicht die Widerrufsbelehrung fehlerhaft, weshalb die Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begann. Dies entsprach aber nicht der Auffassung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts, welche der Darlehensgeberin Recht gab. Dabei wurde die Entscheidung durch das Oberlandesgericht „in Anwendung seiner Interpretation der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes“ getroffen. Andere Oberlandesgerichte, wie z.B. in Brandenburg, München und Köln entschieden in ähnlich gelagerten Fällen jedoch für die Darlehensnehmer. Das Oberlandesgericht Schleswig hat die Revision zum Bundesgerichtshof nicht zugelassen. Dies hätte jedoch nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung der Oberlandesgericht zwingend erfolgen müssen.

Gegen die Entscheidung legte die Darlehensnehmerin daher eine Verfassungsbeschwerde ein, weil Sie ihr Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz verletzt sah. Das Bundesverfassungsgericht bestätigte diese Sichtweise der Betroffenen und hat mit seinem Beschluss vom 16.06.2016 entschieden, dass die Revision zum Bundesgerichtshof in Fällen einer abweichenden Rechtsprechung der Oberlandesgerichte zwingend zuzulassen ist.

Das Bundesverfassungsgericht hat daher eigentlich nur bestätigt, was sowieso bereits in der ZPO festgelegt war. Nach § 543 Abs. 2 ZPO ist die Revision zum Bundesgerichtshof nämlich immer zuzulassen, wenn unterschiedliche Oberlandesgerichte einen gleichgelagerten Fall unterschiedlich entscheiden. Diese Norm wurde jedoch von den Oberlandesgerichten in der Vergangenheit etwas zu wenig berücksichtigt und nicht konsequent angewandt. Daher die Schelte der Bundesverfassungsrichter für das Oberlandesgericht und dessen Entscheidung.

Künftig müssen somit bei abweichenden Entscheidungen der Gericht mehr Fälle zur Revision zum BGH zugelassen werden. Dies kann vielen betroffenen Anlegern helfen, um ihre Rechtsfälle doch noch der dritten Instanz vor dem BGH vorzutragen.

Bei Fällen von Darlehenswiderrufen hat der Bundesgerichtshof schon mehrfach zu Gunsten von Verbrauchern entschieden. Die Kanzlei AdvoAdvice Rechtsanwälte mbB hilft betroffenen Anlegern bei der Durchsetzung ihrer Rechte.

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