„Ewiges Widerrufsrecht“ – AachenMünchener scheitert mit Verfassungsbeschwerde

Die AachenMünchener Versicherung ist mit einer Verfassungsbeschwerde gegen ein sog. „ewiges Widerrufsrecht“ gescheitert (Az.: 1 BvR 2230/15, 1 BvR 2231/15). Für Versicherer stellt sich insbesondere im Bereich der Lebensversicherungen das Problem, dass vom Bundesgerichtshof in Karlsruhe ein sog. „ewiges Widerrufsrecht“ für zwischen 1994 und 2008 abgeschlossene Verträge anerkannt wurde. Gegen diese Sicht des BGH wollte die AachenMünchener mit einer eingereichten Verfassungsbeschwerde vorgehen.

Nach den gesetzlichen Vorschriften muss ein Versicherer den Versicherungsnehmer vollständig und inhaltlich richtig über sein Widerrufsrecht informieren, damit die übliche Widerrufsfrist von 14 Tagen zu laufen beginnt (§ 8 VVG). Im Rahmen der Verträge zwischen 1994 und 2008 gab es noch den alten § 5a VVG, der den Versicherungsnehmern für Lebensversicherungen ein 30-tägiges Widerspruchsrecht zugestanden hat, wenn der Versicherungsnehmer nicht richtig informiert wurde. Wenn diese Pflicht nicht erfüllt wurde, dann konnten sich Versicherungsnehmer auch darüber hinaus von den Verträgen lösen. Jedoch wird in diesem § 5a VVG ebenso bestimmt, dass das Widerspruchsrecht nach einem Jahr erlischt.

Die Streitigkeiten um die Verträge aus dieser Zeit sind keineswegs neu. Bereits der Bundesgerichtshof hatte entschieden, dass die Beschränkung des Widerspruchsrechts auf ein Jahr nicht mit den europarechtlichen Vorgaben zu vereinbaren ist. Dr. Sven Tintemann und sein Team hatten an dieser Entscheidung einen maßgeblichen Anteil, da die Rechtsauffassung, dass die Regelung in § 5 a VVG europarechtskonform auszulegen sei, wurde in Berlin und Zug (Schweiz) entwickelt und vorangebracht. Dieser Argumentation schloss sich das Bundesverfassungsgericht an und äußerte dazu in einer Pressemitteilung:

*„Der Bundesgerichtshof hat durch seine Urteile die gesetzgeberische Grundentscheidung respektiert, den erkennbaren, ursprünglichen Willen des Gesetzgebers nicht beiseitegeschoben und den vom Gesetzgeber festgelegten Sinn und Zweck der Regelung des § 5a Abs. 2 Satz 4 VVG a. F. unter Beachtung der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union zur Auslegung der Richtlinien zur Lebensversicherung möglichst weitgehend zur Geltung gebracht“.*

In einfachen Worten heißt das, dass man davon ausgehen kann, dass die Bundesregierung die europarechtlichen Vorgaben ordnungsgemäß umsetzen wollte. Eine Beschränkung des Widerspruchsrechts auf ein Jahr wäre damit nicht vereinbar gewesen. Durch die Einschränkung dieser Klausel durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes wurde somit dem Willen des Gesetzgebers entsprochen. In der Konsequenz bedeutet dies, dass die AachenMünchener nicht in ihren Grundrechten verletzt worden ist. Eine Verfassungsbeschwerde scheiterte daher.

Für Versicherungskunden, die Verträge in dem Zeitraum vom 1994 bis 2008 abgeschlossen haben, bedeutet die Entscheidung, dass die Versicherungswirtschaft weiterhin keinen Ausweg gegen den Widerruf von Lebensversicherungen gefunden hat. Verträge können daher weiter widerrufen werden.

Anleger, die ihre Versicherung auch heute noch widerrufen wollen, sollten sich daher an einen fachlich versicherten Rechtsanwalt wenden, um die Möglichkeit des Widerrufs prüfen und sich einen Anspruch auf Rückerstattung ihrer Versicherungsbeiträge durchrechnen zu lassen.

Häufig wissen Versicherungsnehmer nicht, ob sie sich von Ihren Lebensversicherungsverträgen noch lösen können. Für die Überprüfung sollte man sich umgehend an einen Experten wenden. Gerne können Sie dafür das Team der Kanzlei AdvoAdvice Rechtsanwälte mbB (Tel. 030 921 000 -40; Email info@advoadvice.de) kontaktieren.

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