EWIV – Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung – Haftungsfalle für Mitglieder?

Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung, kurz auch EWIV genannt, klingt zunächst interessant, aber was verbirgt sich hinter diesem Konstrukt? Wie geht man damit um, wenn Anleger hier Gelder investiert und verloren haben?

Diese Frage stellte sich kürzlich den Rechtsanwälten der Kanzlei AdvoAdvice Rechtsanwälte mbB aus Berlin.

Auf dem deutschen Kapitalmarkt war das Gesellschaftskonstrukt der EWIV nämlich bereits zu finden und hat zu Schäden bei betroffenen Anlegern geführt. Konkret ist diese Gesellschaftskonstruktion von dem Europäischen Branchenkompetenzzentrum für die Gesundheitswirtschaft (kurz: EUBKZGW – EWIV) gewählt worden. Für kurze Zeit gehörte dieser Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung ein großes namhaftes Unternehmen – die KPMG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft AG – als Mitglied an. So ergibt sich aus dem Handelsregister ein Mitgliedschaftszeitraum vom 10.12.2012 bis 10.12.2013.

Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung (kurz: EWIV) war die erste Unternehmensform des europäischen Rechts. Sie hat den Zweck, ihren Mitgliedern die wirtschaftliche Tätigkeit durch Zusammenschluss von Mitteln, Tätigkeiten oder Erfahrungen zu erleichtern und zu entwickeln. Ein sinnvoller Zusammenschluss von Mitgliedern also, um die Entwicklung auf dem Markt voranzutreiben.

Das Europäische Branchenkompetenzzentrum für die Gesundheitswirtschaft hatte sich zu dem Zweck zusammengeschlossen, rechtssichere Lösungen für die Gesundheitswirtschaft zu entwickeln, um eine moderne medizinische Versorgung im 3. Jahrtausend zu ermöglichen. So heißt es unter anderem in einem Emissionsprospekt, welchen das Europäische Branchenkompetenzzentrum für die Gesundheitswirtschaft herausgegeben hatte. Der Zweck an sich ist sehr ambitioniert, gerade auch vor dem Hintergrund der stetigen medizinischen Fortentwicklung.

Um diesen Zweck umzusetzen, sammelte das Europäische Branchenkompetenzzentrum für die Gesundheitswirtschaft von Anlegern unter anderem im Wege von partiarischen Darlehen Gelder ein und versprach den Anlegern hierfür überdurchschnittliche Renditezahlungen.

Überdurchschnittliche Renditezahlungen können aber nur dann erbracht werden, wenn der Zusammenschluss der Mitglieder auch zur Erzielung von Gewinnen erfolgt. Hier liegt der Knackpunkt. Die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung darf nicht auf die Erzielung von Gewinnen ausgerichtet sein. Dies war jedoch auch ein Zweck des Europäischen Branchenkompetenzzentrums für die Gesundheitswirtschaft.

Was hat das nun für Konsequenzen?

Das Europäische Branchenkompetenzzentrum für die Gesundheitswirtschaft hat seinen Zweck nicht erreicht. Vielmehr wurde mit Datum vom 27.10.2015 das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Europäischen Branchenkompetenzzentrums für die Gesundheitswirtschaft eröffnet. Für die Anleger, welche dem Europäischen Branchenkompetenzzentrum für die Gesundheitswirtschaft Gelder im Wege der partiarischen Darlehen zur Verfügung gestellt haben, bedeutet dies, dass sie mit einem Totalverlust rechnen müssen. Dies auch vor dem Hintergrund, da durch den Insolvenzverwalter die Forderungen vorläufig bestritten wurden. Aus dem Insolvenzverfahren wenigstens teilweise befriedigt zu werden, können die Anleger also nicht hoffen.

Insofern stellt sich die Frage, ob nicht die der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung angehörenden Mitglieder für den eingetretenen Schaden haften könnten.

Die Mitglieder der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung haften für sämtliche Verbindlichkeiten dieser Interessenvereinigung gesamtschuldnerisch und unbeschränkt nach außen. Zwar ist die Haftung dahingehend eingeschränkt, dass ein Rückgriff auf die Mitglieder erst dann möglich ist, wenn die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung nicht zahlt. Im Fall des Europäischen Branchenkompetenzzentrums für die Gesundheitswirtschaft dürfte jedoch die Haftung der Mitglieder aufleben, da Zahlungen von der Gesellschaft selbst aufgrund des Insolvenzverfahrens nicht mehr zu erwarten sein dürften.

Die Rechtsanwälte der Kanzlei AdvoAdvice Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB bereiten derzeit eine Haftungsklage gegen eines der Mitglieder der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung vor, mit dem Ziel eine gerichtliche Klärung der Haftungsfrage der Mitglieder herbeizuführen und Schadensersatzansprüche der betroffenen Anleger durchzusetzen.

Fazit:

Geschädigten Anlegern ist zu raten, sich hinsichtlich der Haftung der Mitglieder der Europäischen Wirtschaftlichen Interessenvereinigung (EWIV) des Europäischen Branchenkompetenzzentrums für die Gesundheitswirtschaft anwaltlich beraten zu lassen. So kann gegebenenfalls vermieden werden, dass ein Totalverlust eintritt.

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