BGH – Kündigung von Bausparvertrag nach 10 Jahren möglich

Seit letzter Woche steht die Entscheidung des Bundesgerichtshofes (BGH) fest: In den zu entscheidenden Fällen durften die Bausparkassen alte Verträge zu Recht kündigen. Diese Entscheidung hat für viele Bausparer und für die Bausparkassen grundsätzliche Bedeutung.

**Hintergrund der Entscheidungen (BGH, Urteile vom 21. Februar 2017, Az. XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16)**

Der Bausparvertrag wird zwischen dem Anleger oder auch Bausparer sowie einer Bausparkasse abgeschlossen. Die Parteien vereinbaren eine bestimmte Bausparsumme, die sich aus dem Sparanteil und dem Bauspardarlehen zusammensetzt. Der Sparanteil muss zur Erreichung der Zuteilungsreife während der Sparphase durch den Anleger zu einem vertraglich vereinbarten Sparzins angespart werden. Ist der Bausparvertrag zuteilungsreif, kann der Sparanteil sowie das Bauspardarlehen ausgezahlt werden.

Der Sinn und Zweck des Bausparvertrages ergibt sich aus §1 Absatz 1 des Gesetzes über Bausparkassen (BauSparkG), wonach der Begriff der Bausparkassen definiert wird. Danach sind Bausparkassen  Kreditinstitute, deren Geschäftsbetrieb darauf gerichtet ist, Einlagen von Bausparern (Bauspareinlagen) entgegenzunehmen und aus den angesammelten Beträgen den Bausparern für wohnungswirtschaftliche Maßnahmen Gelddarlehen (Bauspardarlehen) zu gewähren (Bauspargeschäft).

Der Zweck des Bausparvertrages liegt also darin, durch die vollständige Erbringung der Ansparleistung den Anspruch auf das Bauspardarlehen zu erhalten. Genau diesen Zweck  des Bausparvertrages haben in der Vergangenheit nun aber zahlreiche Bausparer nicht beachtet. Nach Erreichung des Sparanteils wurde das Bauspardarlehen vielfach nicht abgerufen, sondern der Bausparvertrag vielmehr als festverzinste Geldanlage angesehen. Gerade die hochverzinsten Altverträge waren einigen Bausparkassen ein Dorn im Auge und brachten diese teilweise in wirtschaftliche Bredouille. Völlig nachvollziehbar wollten sich die Bausparer durch die Kündigung jedoch nicht ihrer guten Zinskonditionen *„berauben“* lassen.

Und so landeten mehrere Fälle nach Durchlauf der Instanzen bis vor dem Bundesgerichtshof, der nunmehr eine Grundsatzentscheidung fällte: Unter bestimmten Umständen ist die Kündigung alter, attraktiv verzinster Bausparverträge zulässig.

Nach Ansicht des BGH ist die Kündigungsvorschrift nach § 489 Absatz 1 Nr.3 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) a.F. auch auf die Bausparkasse als Darlehensnehmerin anwendbar. Danach kann ein Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag, bei dem für einen bestimmten Zeitraum ein fester Zinssatz vereinbart ist, in jedem Fall nach Ablauf von zehn Jahren nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten ganz oder teilweise kündigen; (…). Die Bausparkasse ist in diesem Fall für den Sparanteil als Darlehensnehmerin anzusehen, der Anleger als Darlehensgeber.

**Bausparer fragen sich: Liegen bei meinem Vertrag Umstände vor, die die Kündigung rechtfertigen?**

Auch wenn es sich um eine Grundsatzentscheidung handeln mag, so ist diese nicht pauschal auf jeden Fall und jeden Bausparvertrag anwendbar.

Es muss also jeder Kündigungsfall individuell geprüft werden, um wichtige Fragen klären zu können: Ist mein Bausparvertrag zuteilungsreif? Und wenn ja, wann wurde die Zuteilungsreife erreicht?

Die vollständige Entscheidung des XI. Zivilsenats liegt noch nicht vor, wird allerdings durch die Fachanwälte für Bank- und Kapitalmarktrecht der Berliner Anwaltskanzlei AdvoAdvice Rechtsanwälte mbB mit großem Interesse erwartet.

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