LG Hildesheim verurteilt Schufa Holding AG zur Löschung des Eintrags der „Restschuldbefreiung“

Bereits im Juli 2021 konnte die Kanzlei AdvoAdvice ein wegweisendes Urteile erstreiten, in dem die Schufa Holding AG dazu verurteilt wurde, Daten über die Restschuldbefreiung sechs Monate nach deren Erteilung zu löschen. Der Einschätzung des OLG Schleswig, welches zu einer Vielzahl an Klagen geführt hat, folgte nun auch das Landgericht Hildesheim mit Urteil vom 08.11.2022. Die Kanzlei AdvoAdvice hat damit einen weiteren Erfolg für Verbraucher und Betroffene von Privatinsolvenzen erzielt.

**Hintergrund des Verfahrens vor dem Landgericht Hildesheim**

Der Betroffene erhielt im Jahre 2021 nach erfolgreicher Beendigung des fünfjährigen Insolvenzverfahrens die Restschuldbefreiung. Die Schufa Holding AG speicherte in ihrem Datenbestand die Erteilung der Restschuldbefreiung sowie weitere mit dem Insolvenzverfahren zusammenhängende Negativeinträge.

Der Betroffene versuchte zunächst selbst auf eine Löschung der Merkmale durch die Schufa Holding AG hinzuwirken. Als diese darauf bestand, die Einträge drei Jahre zu speichern, beauftragte der Betroffene die Kanzlei AdvoAdvice mit der Geltendmachung seiner Ansprüche. Nach Ansicht -unter anderem- mehrerer Gerichte, einiger Autoren in Fachartikeln und der Kanzlei AdvoAdvice darf die Schufa das Merkmal der Restschuldbefreiung lediglich für sechs Monate speichern (wir berichten ausführlich hier).

Nachdem die Schufa die Einträge auch nach einer außergerichtliche Aufforderung durch AdvoAdvice nicht löschte, wurde Klage für den Betroffenen vor dem Landgericht Hildesheim eingereicht.

**Klare Entscheidung des Gerichts zugunsten von Verbrauchern**

Das LG Hildesheim folgte der Auffassung von AdvoAdvice und verurteilte die Schufa Holding AG zur Löschung der Restschuldbefreiung aus ihrem Datenbestand.

Das Gericht bestätigte zwar, dass die Schufa Holding AG ein berechtigtes Interesse an der Speicherung der Daten hat. Jedoch befand das Landgericht Hildesheim, dass die Interessen und Grundrechte des Betroffenen in der Abwägung höher zu gewichten sind, als die Interessen der Schufa Holding AG. Das Gericht formulierte – insbesondere entgegen mehrerer Oberlandesgerichte – wie folgt:

*„**Die Beklagte hat bereits nicht substantiiert vorgetragen, ob und in welchem Umfang das*

*Risiko eines wirtschaftlichen Ausfalls bei einer Person, die eine vorzeitige Restschuldbefreiung erlangt hat, tatsächlich für die Dauer von drei Jahren erhöht ist.**Dass von dem redlichen Schuldner nach Durchführung des Insolvenzverfahrens und — wie hier — nach erteilter Restschuldbefreiung statistisch ein wesentlich erhöhtes**Zahlungsausfallrisiko ausgeht, hat die Beklagte nicht belegt. Ihre Behauptung, dass der Kläger bis zum 15. Juli 2021 (= Erteilung Restschuldbefreiung) zahlungsunfähig und vermögenslos war, ist ins Blaue hinein vorgetragen. Zahlungsunfähigkeit lag bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens im Jahr 2016 vor, wie die wirtschaftliche Entwicklung des Klägers danach verlaufen ist und wie sich die aktuellen Einkommens und Vermögensverhältnisse des Klägers darstellen, ist schlicht nicht bekannt. Der Kläger verfügte immerhin in der ersten Jahreshälfte 2021 über hinreichendes Neuvermögen, um die Kosten des Insolvenzverfahrens zu begleichen, um damit in den Genuss einer vorzeitigen (um ein Jahr verkürzten) Restschuldbefreiung zu gelangen. Dass das Kreditausfallrisiko statistisch erhöht ist, hat die Beklagte auch nicht durch die Vorlage eines Auszugs (Seite 50) aus dem SCHUFA Risiko- und Kreditkompass 2020 (Anlage B 2) schlüssig vorgetragen. Aus dem Auszug ergibt sich vielmehr, dass die Zahl der Insolvenzen von 2017 bis 2019 rückläufig ist und dass fast die Hälfte der Betroffenen zwischen 2014 und 2019 den Weg aus der Verschuldung gefunden haben. Ein statistischer Nachweis der Erhöhung des Kreditrisikos liegt darin gerade nicht.“*

Dr. Rohrmoser kommentierte dazu: „*Aus unserer Sicht ist dies ein mit entscheidender Punkt im Themenkomplex „Restschuldbefreiung“. Ungeachtet der Frage, ob man eine Löschung nach sechs Monaten schon sehen möchte, muss man sich – sowohl aus Gründen der Prozessordnung wie auch in tatsächlicher Hinsicht – dringend die Frage stellen, ob von ehemaligen Insolvenzschuldnern tatsächlich ein erhöhtes Risiko ausgeht. Wissenschaftlich wäre dies unproblematisch überprüfbar. Das bloße Interesse an Informationen oder der „bisherige Brauch“ kann eine Datenverarbeitung aber nicht rechtfertigen.“*

Außerdem hat das Gericht in seiner Abwägung beachtet, dass dem Betroffenen eine erneute Teilnahme am Wirtschaftsleben nach Erteilung der Restschuldbefreiung ermöglicht werden soll und dies gegen eine dreijährige Speicherung spricht. Insofern seien die Wertungen des Gesetzgebers, die sich in der sechsmonatigen Frist zur Speicherung von Daten im Insolvenzregister (§ 3 Abs. 1 InsBekV) niedergeschlagen haben, bei der Abwägung zu berücksichtigen.

**Fazit und Ausblick zum Thema Restschuldbefreiung**

Das Landgericht Hildesheim hat sehr sorgfältig die Interessen der Beteiligten gegeneinander abgewogen und ist mit einer überzeugenden Begründung zu einem positiven Urteil zugunsten des Betroffenen gelangt.  Ein Insolvenzverfahren dient dem Zweck, dem Betroffenen eine erneute Teilnahme am Wirtschaftsleben zu ermöglichen. Daher ist es folgerichtig, dass der Datenbestand der Schufa nicht noch drei weitere Jahre nach Abschluss des Insolvenzverfahrens die Information über die frühere Restschuldbefreiung speichern darf.

Im Übrigen wird im Jahr 2023 mit einer endgültigen Klärung der Rechtsfragen in diesem Themenkomplex zu rechnen sein. Beim Bundesgerichtshof sind in der Zwischenzeit eine Vielzahl an Revisionen anhängig. Darüber hinaus hat der Europäische Gerichtshof den Termin zur mündlichen Verhandlung in den von der hiesigen Kanzlei betreuten Fällen auf Ende Januar 2023 terminiert.

Sollten Sie Hilfe bei der Löschung des Merkmals der Restschuldbefreiung benötigen, können Sie sich gerne unter 030 / 921 000 40 oder info@advoadvice.de an unsere Kanzlei wenden. Gerne klären wir die Kostenfrage im Anschluss an eine kostenfreie Ersteinschätzung mit Ihnen sowie einer hoffentlich vorhandenen Rechtsschutzversicherung ab.

Weitere Informationen zur Löschung des Merkmals “Restschuldbefreiung erteilt, finden Sie unter advoadvice.de/anwalt-fuer/schufa-restschuldbefreiung

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