Gerichtsverhandlung aus dem Home Office – Anerkenntnisurteil erstritten
Kaum eine andere Phase in den letzten Jahren hat gezeigt, wie wichtig mobiles Arbeiten und die Chancen der Digitalisierung sind, wie die aktuelle Pandemie.
Diese Entwicklung hat auch vor den Gerichten und den dort stattfindenden Verhandlungen nicht Halt gemacht.
Nach § 128a ZPO kann ein Gericht den Verfahrensbeteiligten schon länger gestatten , sich während einer Gerichtsverhandlung per Video zuzuschalten und sich dabei an einem anderen Ort aufzuhalten. Im Zuge der aktuellen Corona-Pandemie wird von dieser Möglichkeit immer häufiger Gebrauch gemacht, so dass viele Verhandlungen nicht mehr vor Ort im Gerichtssaal unter Anwesenheit alles Beteiligten geführt werden müssen.
Vorreiter für diese Entwicklung ist vor allem das technisch sehr gut ausgestattete Landgericht Hannover.
# **Frühzeitiger Hinweis zur Rechtslage**
Die Rechtsanwälte der Kanzlei AdvoAdvice haben im Mai 2020 eine Klage gegen die Schufa Holding AG eingereicht. Bei dem Fall ging es um den Anspruch auf Löschung gemäß Art. 17 Abs. 1 DSGVO und um einen negativen Eintrag der Telekom Deutschland GmbH.
Das Problem für den Kläger war, dass ein Negativeintrag vorgenommen wurde, obwohl er nach seinem Vortrag im Gerichtsprozess keine ausreichenden Mahnschreiben erhalten hatte und der Telekom-Vertrag von seinem Bruder genutzt wurde. Wann, wo, welche Schreiben zugegangen sein sollen und ob der Betroffene ausreichend informiert wurde, war bis zuletzt umstritten.
Das Landgericht Hannover stellte bereits im Oktober 2020 in einer Verfügung klar (LG Hannover, Verfügung v. 16.10.2020 – 13 O 133/20):
*„Angesichts des klägerseitigen Bestreitens des Zugangs der Mahnungen ist die Beklagte beweisbelastet für den Zugang der Mahnungen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 21. Oktober 2014 — 1-15 U 107/14 —, juris Rn. 59). Ein solcher Beweis ist bislang nicht angeboten und lässt sich hier auch nicht über lndizien führen. lnsbesondere lässt sich aus dem außergerichtlichen Schreiben des Klägervertreters vom 28.06.2019 […]* *nicht zweifelsfrei schließen, dass dem Kläger die konkreten Mahnungen der Telekom auch zugegangen waren, zumal diese offenbar nur mit einfacher Post versandt worden waren und der Kläger vorgetragen hat, zu jener Zeit nicht unter der Anschrift, an die die Mahnungen gerichtet waren, gewohnt zu haben.*
*lnsofern wird die Beklagte gebeten zu prüfen, ob im Kosteninteresse ein Anerkenntnis in Betracht kommt.“*
Die Schufa Holding AG als beklagte Partei wollte es hierbei jedoch nicht belassen. Statt eines Anerkenntnisses wollte man eine abschließende Stellungnahme im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, nachdem Vergleichsgespräche zuvor gescheitert waren.
# LG Hannover lässt Videoverhandlung zu
Besonders erfreulich war, dass das Landgericht Hannover frühzeitig signalisierte, dass die Gerichtsverhandlung im Wege der Bild- und Ton Übertragung gem. § 128a ZPO erfolgen könne. Damit konnte trotz der aktuellen Pandemielage ermöglicht werden, dass Rechtsanwalt Dr. Tintemann an der Gerichtsverhandlung aus dem Homeoffice heraus teilnehmen konnte.
Dies stellte kein Problem für das Gericht dar. Der Aufenthalt im Homeoffice wurde vom Gericht kurz vor der Verhandlung explizit gestattet. Insofern konnte am 25. Januar 2021 die mündliche Verhandlung per Videokonferenz unter Anwesenheit des Klägers im Gerichtssaal in Hannover bequem und pandemiekonform stattfinden.
# **Anerkenntnisurteil in der mündlichen Verhandlung**
Bereits vor wenigen Wochen wurde die Schufa Holding AG durch das Landgericht Lübeck (wir berichteten hier) zur Löschung eines Negativeintrages verurteilt.
Im Laufe der Verhandlung wurde schnell deutlich, dass das Gericht seine Meinung zur Beweislast – vollkommen zurecht – nicht geändert hatte, auch wenn inzwischen ein Richterwechsle vorgenommen worden war.
Darüber konnte auch der Versuch, den Kläger als unglaubwürdig darzustellen, nicht hinweghelfen. Kurz bevor die Verhandlung geschlossen wurde, erklärte die Prozessbevollmächtigte der Schufa Holding AG daher, dass sie die Forderung für die Beklagte anerkenne. Es konnte somit ein Anerkenntnisurteil ohne Urteilsgründe ergehen.
Man kann vermuten, dass die Schufa Holding AG ein ausführliches Urteil mit entsprechender Begründung des Landgerichts Hannover durch das Anerkenntnis verhindern wollte.
# Fazit
Dr. Tintemann zeigte sich von dem gesamten Verfahren sehr erfreut und schilderte:
*„Es ist sehr erfreulich, dass das Landgericht Hannover die Verhandlungen im Wege der Videoverhandlung für die Rechtsanwälte und die Rechtsabteilung der Schufa Holding AG ermöglicht hat und ich so als zuständiger Rechtsanwalt an der Verhandlung unmittelbar teilnehmen konnte ohne eine entsprechend zeitintensive Anreise in Kauf nehmen zu müssen. Dass dies sogar aus dem Home Office möglich war, hat den Tagesablauf zudem deutlich vereinfacht und ist einer Idee des Richters am Landgericht Oldenburger Benedikt Windau zu verdanken, der zu dem Thema kürzlich einen Artikel im Anwaltsblatt veröffentlicht hatte. Im Prozess selbst hat das Gericht vollkommen zu Recht an seiner Auffassung festgehalten, dass die eintragenden Stellen und die Schufa Holding AG den Nachweis dafür zu tragen haben, dass eine Datenübermittlung zu Recht erfolgte und dass die dazugehörigen Schreiben die Betroffenen auch zweifelsfrei erreicht haben.“ *
Haben auch Sie Probleme mit Einträgen in Auskunfteien, wie z.B. Schufa-Holding AG, Bürgel, Creditreform, Boniversum oder anderen? Dann wenden Sie sich an die erfahrenen Rechtsanwälte der Kanzlei AdvoAdvice Rechtsanwälte mbB unter info@advoadvice.de.
Weitere Informationen zum Thema Schufa und Datenschutz finden Sie hier.
Zusätzliche Informationen zu unserem Schufa-Experten Dr. Sven Tintemann finde Sie auch unter https://tintemann.de.